Von einem Lauferlebnis der Extraklasse berichten unsere Lauffreunde Claudia Dolmetsch und Andreas Oehme.
Während man sich auf der Nordhalbkugel schon auf den Winter vorbereitete sind sie unter der wärmenden Sonne im südlichen Afrika Ende November einen anspruchsvollen Trail (Querfeldeinlauf auf weitgehend unbefestigtem Gelände) über 35 km gelaufen. Der Ultra-Trail Cape Town führt auf der Kap-Halbinsel an der Küste entlang mit unvergesslichen Ausblicken auf den Südatlantik, über Bergketten, durch Wälder, Weinbaugebiete und vorbei natürlich am Tafelberg, dem berühmtesten Wahrzeichen der Stadt; landschaftlich mit Aussicht kaum zu toppen, die Anstiege krass bis zu 35%, die Abstiege nicht weniger spektakulär, die Stimmung fast gar familiär fröhlich…
Kapstadt Fr 25.11.2022: Mit Koffern und Rucksäcken flitzten wir vom Flughafen per Taxi direkt zur Rennregistrierung. Dort vor Ort bereits 27 Grad und die Läufer der Halbmarathonstrecke liefen gerade ein; strenge Kontrolle der „Must Have“- Liste zwecks Inhalt für unsere Laufwesten und erst dann bekamen wir die Startnummern!
Kapstadt So 27.11.2022: kurz vor 6 Uhr standen wir nicht schlecht staunend im Starterpulk, den Tafelberg im Rücken und doch recht aufgeregt, um uns herum keine gewöhnlichen Läufer mehr, das waren allesamt positiv Verrückte 😂 … gut gelaunt und begleitet von Rufen einiger Fans, die sich eingefunden hatten, darunter auch meine Tochter Sanja mit Freund Manuel. So liefen wir mit einem Feld von knapp 500 Ultras los in einen unglaublich erlebnisreichen Tag.
Wir rannten, kraxelten, kletterten die ersten Höhenmeter und es war unglaublich welche Kulisse uns dieser erste Anstieg schon bot. Da waren schmale Pfade, kleinere Klettereinheiten, ein kalter Wind pfiff am heftigsten und berüchtigten Anstieg Platteklip. Nach erst knapp 8 km, aber bereits 950 Höhenmetern grüßte uns oben die Sonne, ein erster Kontrollpunkt bei dem unsere Nummern gescannt wurden und der Tafelberg. Was für eine phänomenale Aussicht, die hat uns allesamt in Euphorie versetzte. Man musste einfach innehalten, es war viel zu schön um einfach nur weiterzulaufen und oben angelangt konnte man endlich wieder antraben. Allerdings waren die Wege nahezu immer anspruchsvoll, selbst wenn es eben war: Steine, Platten, wackelige Bretter und dann geht es abwärts ins Geröll; und diese Art Geröll ist mal eben ganz anders als das was sich bei uns am Kapellenberg findet. Es sind oft große, um nicht zu sagen sehr große Brocken, es geht steil nach unten, nicht selten musste man sich runterhangeln, dann wieder schmale Pfade und wären sie nicht ausgeschildert gewesen, hätte man sie schwerlich als Weg erkennen können. Und wirklich immer beeindruckend schön! Was wir auch lernen durften: anders als bei unseren hiesigen Volksläufen gibt es viel weniger Verpflegungsstationen; so kam die erste (von nur zweien) nach 15 km, bzw. nach dann schon knapp 4h Laufzeit. Wassermelonen, gesalzene Kartoffeln, Kekse, Trockenfrüchte, Nüsse, Wasser und Cola … und weiter ging es.
Gleich im Anschluß ein „nichtendenwollender“ Abstieg und wieder kilometerweise sehr schweres Geläuf bis wir eine gute Dreiviertelstunde unter der vorgeschriebenen Zeit (8h) auf dem Uni-Gelände die nächste Verpflegungsstation und unsere beiden Supporter begrüßen durften, über deren Anfeuerung wir froh waren, da es inzwischen deutlich über 25 Grad hatte und wir nochmal Höhenmeter und Anstiege vor uns hatten, die in etwa dreimal unserem Wurmlinger Kapellenberg entsprachen.
Nicht lange nach uns wurden an diesem Kontrollpunkt dann die ersten Läufer wegen Zeitüberschreitung aus dem Rennen genommen. Dies blieb uns zum Glück bis ganz zum Schluss erspart und so war unser Hauptziel – in jedem Fall das Finish im erlaubten Zeitrahmen von 11h zu erreichen – nach weiteren heftigen zweieinhalb Stunden, bei denen wir erneut mit atemberaubenden Ausblicken über Kapstadt belohnt wurden, geschafft, erreicht, wow. Im Zieleinlauf gab es dann zu der obligatorischen Medaille auch gleich eine eiskalte Dose Pale Ale der hiesigen größten Craft Beer – Brauerei in die Hand gedrückt, was sicher auch eine Besonderheit der großen Kaptstadter-Trailfamillie widerspiegelt und was uns Spitzbergläufer sicher auch oftmals verbindet; Phantastische, sportliche Leistungen, sowie Spaß und Genuss schließen sich nicht unbedingt aus! Für uns ist es jedenfalls nach wie vor ein einziger Traum, mit unseren ja generell eher kleineren Ambitionen was Zeiten und Strecken anbelangt, bei solch einem internationalen Großevent nicht nur dabei gewesen zu sein, sondern sogar anzukommen! Jedenfalls war es der schönste, der erlebnisreichste und der härteste Trail den wir je gelaufen sind.
Wer selbst einmal Lust hat einen Südafrika-Urlaub mit einem Wettkampf auf und über den Tafelberg zu verbinden:
Der Ultra Trail Cape Town – oder schlicht UTCT – ist ein Trail Festival, das immer am letzten Novemberwochenende stattfindet und sich über drei Tage erstreckt – siehe auch https://www.ultratrailcapetown.com/.
Folgende Distanzen stehen zur Auswahl (man beachte die unfassbaren 45H Cut Off Time für den 100Meiler /166km):
Distanz | Höhenmeter | Zeitlimit |
23Km | 1144 HM | 6,5H |
35 km | 1954 HM | 11H |
55 km | 2706 HM | 14H |
100km | 4972 HM | 24H |
166km | 7516 HM | 45 H |
Das 100km-Rennen gewann dieses Jahr übrigens der z.Zt. mit Abstand beste deutsche Trailläufer Hannes Namberger in einer Zeit von sagenhaften 10h:45min!